Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts spielte die Fischerei in Carolinensiel nur eine untergeordnete Rolle. Von der Friedrichsschleuse aus fischten die Einwohner im Nebenerwerb oder zur Selbstversorgung bei Ebbe im Watt. Mit dem Niedergang der Segelschifffahrt und durch die Verbesserung der Transportwege zu den Märkten gewann die örtliche Fischerei jedoch an Bedeutung. Die Fischer spezialisierten sich auf die Küstenfischerei von Plattfisch und Muscheln, vor allem aber auf Krabben.
Bis in die 1930er Jahre betrieb die Firma J. U. Rösing an der Ostseite des Museumshafens ihre "Conservenfabrik und Fischerei von Nordsee-Speisemuscheln und Nordseekrabben". 1952 errichtete Johann Albrecht seine erste Darre zum Trocknen von Krabben am damals noch hochwassergefährdeten Außentief vor der Friedrichsschleuse. Außer den sieben eigenen Kuttern belieferten noch 14 weitere Fischer die Firma Albrecht. Die Speisekrabben wurden von ca. 250 Familien im Umkreis von 20 km in Heimarbeit geschält. 1959 entstand in Harlesiel westlich des neuen Schöpfwerks eine Fischersiedlung mit zwölf Häusern. 1982 pachtete die Firma de Beer aus Greetsiel den Krabbengroßhandel Albrecht. Sie übernahm damit auch das Gebäude der vorübergehend existierenden Fischereigenossenschaft im Deich. Seit 1974 bzw. 1977 bestehen die beiden Fischräuchereien der Firmen Janssen und Albrecht nahe der Friedrichsschleuse. In den 1990er Jahren eröffneten die Betreiber dort zusätzlich Fischrestaurants.Im Jahr 2000 waren in Harlesiel acht Kutter beheimatet. Sie erbrachten eine Fangleistung von insgesamt 396 Tonnen Speisekrabben mit einem Marktwert von ca. 2,3 Mio. DM und 32 Tonnen Frischfisch für ca. 345.000 DM. Heute werden außerdem für die Feriengäste Kutterfahrten mit Fangvorführungen angeboten.
Die Nordseegarnele oder "Krabbe"
Die Nordseekrabbe - zoologisch korrekt Garnele - zählt zu den zehnfüßigen Krebsen und erreicht eine Körperlänge von 6 cm bei den Männchen und 8,6 cm bei den Weibchen. Das natürliche Höchstalter liegt bei rund drei Jahren. Während der Hauptfangzeit in den Sommermonaten hält sich die Krabbe vorwiegend in den Flussmündungen und Prielen des Wattenmeers auf. In der Fischerei unterscheidet man zwischen Gammel und Granat.
Der Gammel, der für ein Schälen von Hand zu klein ist, wird auf Darren getrocknet.
In Harlesiel konzentriert sich die Fischerei heute nahezu ausschließlich auf Granat. Dieser wird schon an Bord der Kutter durch Siebmaschinen vom übrigen Fang getrennt, gereinigt und in Kesseln gekocht. Am besten schmecken Krabben direkt vom einlaufenden Kutter gekauft und selbst gepult. Auf den Darren werden die kleinen Futterkrabben für die Tiermast mit Heißluft getrocknet.
Gammel nennt man die Krabben, die für ein Schälen von Hand zu klein sind und daher zu Viehfutter verarbeitet werden
Granat heißen die größeren Speisekrabben für den menschlichen Verzehr.
Ein Schiebe-Hamen ist ein Handnetz mit Holzrahmen zum Fang von Krabben im Watt.
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Schlickfischer mit Granatkörben und Kreyer (Schlickschlitten)
Granatfischerin mit Schiebe-Hamen (Foto: Fa Albrecht)
Abkühlen des Krabbenfangs (Foto: Fa Albrecht)
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