Um im küstennahen Raum sicher leben zu können, muss der Mensch Siedlungen und Ackerflächen durch besondere Baumaßnahmen vor Sturmfluten schützen. Ursprünglich siedelten die Friesen auf künstlich aufgeschütteten Wurten oder Warften. Im 11. Jahrhundert legten sie erste Deiche entlang der Küste an und vereinigten sie um 1300 zum "Goldenen Ring". Die Deichanlagen an der niedersächsischen Nordseeküste erstrecken sich heute auf einer Gesamtlänge von 605 km, einschließlich der ostfriesischen Inseln.
Deichbauten wurden schon im Mittelalter gemeinschaftlich organisiert. Wessen Grundstück an den Deich grenzte, der musste sich an Bau- und Unterhaltsleistungen beteiligen. Es galt das Spatenrecht. Heute organisieren die Deichachten den Küstenschutz in Niedersachsen. Bund, Länder und alle Grundeigentümer, deren Land unter 5 m über NN liegt, finanzieren ihn gemeinsam.
Die modernen Deiche haben je nach Standort eine Basis von ca. 85 m Breite. Die Deichkronen erreichen eine Höhe von bis zu 9,50 m. Die Deiche bestehen aus einem Sandkern, der durch Kleischichten verstärkt wird. Früher bepackte man den Deichkörper mit Grassoden, heute wird das Gras eingesät. Die Schafherden auf den Deichen halten die Grasnarbe kurz und trittfest. Seeseitig zum Deichvorland hin haben die Deiche eine flache Böschung, an der die Wellen ablaufen. Deichbau war bis ins 19. Jahrhundert hinein harte Knochenarbeit für hunderte von Arbeitskräften. Bei zwölf bis vierzehn Arbeitsstunden an sechs Tagen in der Woche verwundert es nicht, dass es häufig zu Arbeitsniederlegungen und Laway kam. Die fortschreitende Technisierung brachte aber auch hier entscheidende Erleichterungen, über die Lorenbahnen bis hin zu den heutigen Spülbaggern.
Wurten oder Warften waren aufgeschüttete Erdhügel, auf denen die Friesen Kirchen, Höfe und ganze Siedlungen errichteten.
Spatenrecht: Wer nicht willens oder in der Lage war, seinen Deichabschnitt zu unterhalten, musste seinen Spaten in den Deich stecken und sein Land verlassen.
Deichachten nennt man die selbstverwalteten Körperschaften, die in ihrem Verbandsgebiet für Bau und Instandhaltung der Deichanlagen sorgen.
Klei ist die Bezeichnung für die tonige und fruchtbare Erde des Marschengebietes
Laway waren wilde Streiks, die oft schon wenige Wochen nach Arbeitsbeginn ausbrachen.
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Aufspülen eines Sandkerns
Bepacken eines Deiches mit Grassoden
Deichbau im Sachsenspiegel von 1336 |